Heute endet offiziell die Blogparade unseres grandiosen #Inspirationsfeuer s. Ich bin überwältigt, wie viele tolle Beiträge zusammengekommen sind. Der Juni war für uns alle etwas stressig, manche Links haben mich noch nicht erreicht, so dass ich die Aktion noch etwas weiterlaufen lasse. Heute aber bekommt ihr meinen Beitrag zum #Inspirationsfeuer.
Was hat das #litcamp17 damit zu tun?
Wir hatten uns überlegt, auf dem Literaturcamp Heidelberg die Rechargers vorzustellen. Doch das schien uns zu wenig, gerade ohne direkte Aktion. Aber wir haben ja eine Aktion gerade laufen! Unser tolles #Inspirationsfeuer. Und das Thema Inspiration ist doch auch viel interessanter, als über eine kleine Autorengruppe bequatscht zu werden. Ich ließ auf Twitter abstimmen und da viel die Mehrheit deutlich aus. Inspiration auf dem Litcamp, sehr gerne, einmal in den „Bunker“, wie Elenor Avelle den Raum liebevoll getauft hat. In Heidelberg waren gleich drei Mitglieder unsere aktuell fünfköpfigen Superhelden-Truppe anwesend. Neben Elenor und mir war auch Nike Leonhard dabei. Tatsächlich kam eine schöne Runde zusammen, die mit uns über die Frage, wo Inspiration denn zu finden sei, redete. Danke an alle die da waren!
Was ist Inspiration?
Der Duden erklärt Inspiration als schöpferischen Einfall, einen plötzlichen Gedanken, eine erhellende Idee. Wir Autoren meinen oft mehr, als nur den Gedankenblitz. Wir fassen auch die vielen kleine Blitzchen danach als Inspiration zusammen. Den Moment, wenn wir endlich wissen, wie wir loslegen, weitermachen, enden, wenn die Worte wie von selbst aufs Papier wandern und wir das metaphysische Stadium des Schreibflusses erreicht haben. Ihr könnt glauben, was ihr wollt. Ich glaube daran. Wie schaffen wir es aber, das eine und das andere zu meinen und „Inspiration“ zu sagen?
Das Grundgerüst unserer Geschichten ist ein Plot. Egal, ob wir ihn akribisch aufschreiben, in Excel-Tabellen festhalten oder nur im Kopf haben, ob wir Bücher füllen, um eines zu Schreiben oder nicht mal einen Notizzettel brauchen. Wir sind vielfältig. Manche von uns brauchen ein regelrechtes Exoskelett für ihre Geschichten, anderen reicht eine leichte Oberflächenspannung. Das sagt nichts über die spätere Qualität eines Textes aus. Auch die Idee alleine reicht noch nicht. Wir kennen dutzende Bücher, deren Grundgedanke innovativ und grandios ist, die Umsetzung aber leider dürftig. Wenn wir also auf der einen Seite den ersten Gedanken als Start-Inspiration, der erste kleine Funke, sind die vielen kleinen Details danach die Scheite, die das Feuer groß werden lassen.
Funkenstille?
Ich habe oft Probleme mit der Frage, woher ich meine Ideen denn nehme. Sie sind überall. Vielleicht geht Malern und Komponisten genauso, Computerspieleentwicklern, Floristen, Frisören und Modedesignern. Die Ideen sind da. Ich muss nicht nach ihnen suchen. Trotzdem überlege ich mir oft, wie sie ihren Weg zu mir finden. Ein tolles Buch dazu ist der Das AHA! Erlebnis von John Kounios und Mark Beeman. Egal, ob ich einer Frage auf den Grund gehe oder einfach so zur Ruhe kommen, sobald ich mein direktes, zielgerichtetes Denken abschalte oder mit einer einfachen, fast schon stupiden Aufgabe ruhigstelle, ist der Moment meines Unterbewusstseins gekommen. Dann fließen die Ideen und ich muss sie nur abwägen, einsammeln, wieder reinschmeißen, wenn sie noch zu klein sind.
Stillen hat dazu immer toll funktioniert, weil es für meinen Kopf auf die Dauer auch einfach zu langweilig wird. Ja, Babys sind süß, aber beispielsweise im dunklen Schlafzimmer nutzt mir das auch nichts und nach dem vierhundertdreiundsiebzigtausendsten Stillen wird auch der „Awww-Faktor“ etwas gedämpft. Ich sammle also Ideen und wenn ich eine habe, die mir gefällt, plotte ich daran herum, gehe verschiedene Wege und finde den, der für mich passt. Das funktioniert auch gut beim Joggen, beim Bügeln, Socken zusammenlegen oder unter der Dusche. Und wenn ich ein fieses Plottloch finde, gehe ich in den Garten und reiße den Mist-Efeu der Vorbesitzer heraus, der einfach nicht verschwinden will.
Input?
Manchmal ist das nicht genug. Manchmal sind es zu viele Idee, zu wenig Zeit, zu viel Stress. Das Brett vor dem Kopf wird dicker und nichts geht mehr. Inspiration kommt nicht nur in Ruhemoment, sondern auch dann, wenn richtig viel passiert. Wenn wir Neues erfahren zum Beispiel. Reisen sind eine tolle Möglichkeit. Veränderungen zwingen unseren Kopf zum Umdenken und das hilft uns, der Funke glüht auf und wir können ihn festhalten.
Die Perspektive macht viel aus. Wer es schafft, an altbekannte Dinge mit einer neuen Perspektive heran zu gehen, erlebt das gleiche. Ein Lieblingslied mit einem neuen Kontext im Hintergrund anzuhören. Musik kann generell inspirierend werden, weil sie so vielseitig ist. Sie funktioniert über Sprachgrenzen und lenkt uns vom visuellen ab. Die Perspektive wird verschoben. Aber ich liebe es auch, den Blick eines Kindes zu benutzen. Einfach mal über die Welt staunen. Nicht sagen, so ist es, sondern fragen, warum.
Neue Perspektiven braucht der Funke
Arielle nutzt eine Gabel zum Haare kämmen und Kim Possible hat einen Greifhaken im Föhn. Schaut euch Raumpatrouille Orion an und staunt, wozu ein Handrührgerät gut sein kann. Es ist grandios. Daraus kann sich schnell ein Gedankenexperiment entwickeln. Und aus einem Gedankenexperiment entsteht ein Plot. Tada. Eine andere tolle Möglichkeit ist, mit Bildern zu arbeiten. Viele malen zu ihren Geschichten Skizzen oder richtige Detailarbeiten. Anders herum funktioniert es auch. Lasst euch von Bildern inspirieren.
Ich mag dazu Dixit sehr. Das Spiel, das gerade darauf abzielt unterschiedliche Möglichkeiten zu eröffnen, hat tolle Zeichnungen auf Karten dabei. Die reichen von märchenhaft bis gruselig, von nüchtern bis romantisch. Unter Autoren beliebt sind auch die Story Cubes. Die Bilder auf den Würfeln sollen euch helfen, eine Geschichte zu erfinden. Auch hier ist Perspektive alles. Jeder von uns wird zu den Bildern eine andere Geschichte erzählen. Ich nutze auch gerne Gedichte, weil sie vor allem textliche Bilder sind. Schön finde ich auch Fliegende Zeilen, um eine neue Perspektive zu finden. Gerade darum geht es in diesem Spiel, bei dem zu verschiedenen Verszeilen Aufgaben bewältigt werden müssen.
Augen auf!
Oft reicht es aber auch, einfach die Augen offen zu halten. Meinen Studenten sage ich gern, sie sollten einfach mal beim Mittagessen ihre Mitmenschen beobachten. Schaut euch die alltäglichen kleinen Dramen an, die Gespräche im Zug, das Nörgeln der Kinder beim Einkaufen, den Flirt am Nachbartisch. Geschichten leben jeden Tag um uns herum, das Leben ist ein fieser, grandioser, unnachgiebiger Autor. Habt einen Notizblock dabei oder eine Kamera, wenn euch Bilder weiterhelfen. Fast schon Standard ist der Block am Nachtisch, um Träume aufzuschreiben. Auch hier arbeitet unser Unterbewusstsein auf Hochtouren. Verschwendung, wenn der Funke einfach verglüht.
Manchmal hilft aber gar nichts. Wir sitzen vor dem Papier, vor dem Charakter, vor dem Loch im Plot und der Käse ist alle, um es zu stopfen. Dann lasst es liegen. Abgabetermin hin oder her, euer Kopf schreit gerade, dass er eine Pause braucht, eine andere Perspektive. Mein Lieblingstipp dann: reden. Wir Autoren arbeiten nicht gegeneinander. Wenn tausend Schriftsteller zu einer Idee tausend verschiedener Geschichten schreiben, dann können wir uns gar nicht gegenseitig Konkurrenz machen. Wir können uns aber gegenseitig helfen. Denn der andere hat genau das, was uns fehlt. Eine neue Perspektive. Einen frischen Blick. Wenn wir den zulassen finden wir nicht nur die Dinge, die wir auf keinen Fall bereit sind, zu ändern, sondern auch die eigentlichen Lücken und oft auch einen Weg, sie zu füllen. #Inspirationsfeuer bedeutet auch, gemeinsam für Literatur zu brennen, der Funke darf und soll überspringen und der anderen Seite aufgefangen werden. Viel Spaß dabei.
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