Wir meckern gerne. Über die Regierung, die uns vernachlässigt, über die einen, über die anderen. Seit gestern sehe ich vor allem: über die Bundestagswahlergebnisse und den Einzug der AfD in den Bundestag. Meine Twitter-Anzeige ist voll davon, in verschiedenen Gruppen wird privat diskutiert. Der Konsens ist klar: wir wollen etwas dagegen tun. Das Nornennetz hat gestern bereits den Hashtag #wirschreibenDemokratie ins Leben gerufen. Um den geht es mir heute.
1) Es gibt kein wir und die
Sich auf 87% auszuruhen ist fatal. Auch die NSDAP hatte nicht sofort die Mehrheit. Unser Ziel sollte sein, aus 87 wieder 100 zu machen. Denn natürlich tragen wir jedes Prozent weniger mit. Diese Wähler sind keine Außerirdischen. Sie sind Nachbarn und Bekannte, Verwandte und Kollegen. Wir müssen mit ihnen darüber reden und dürfen nie aufhören, mit ihnen darüber zu diskutieren. Jeder davon, der sich besinnt, ist ein Erfolg. Kein Wort ist da vergebens. Dass wir uns aus der Affäre ziehen wollen, ist verständlich. Denn zuzugeben, dass diese Menschen zu einem „Uns“ dazuzugehören lässt uns ihre Schuld mittragen. Es ist aber so. 1933 hatte jeder seinen Anteil, Mitläufer und alle, die geschwiegen haben. Alle, die gesagt haben, aber ich will das nicht und dann stumm wurden, als sie Angst um ihr Leben hatten. Wir sind heute ein Deutschland und darum müssen wir alle die Entscheidungen anderer mittragen. Es ist unsere Pflicht angesichts der Situation, Stellung und Verantwortung zu übernehmen. Rassismus begegnet und im Alltag und wir nehmen es hin, genauso wie Sexismus und andere Diskriminierungen. Das muss aufhören!
2) Wir können nicht nicht politisch sein
Ich habe heute mit meiner Großmutter telefoniert, die in dieser Zeit geboren wurde. Sie sagte, ihre Eltern hätten sich nicht getraut etwas dagegen zu sagen. Sie haben geschwiegen, weil es schon zu spät war. Vielleicht haben sie früher nicht gedacht, es sei nötig. Ich weiß es nicht. Auch meine Oma wollte heute Morgen schweigen. „Ich kann es ja nicht ändern“ sagte sie verzweifelt. Sie, die mir immer wieder gesagt hat, DAS dürfe niemals passieren. Ich werde nicht schweigen. Es gibt in der Kommunikation die Annahme, dass man nicht nicht kommunizieren kann, weil auch Schweigen eine Botschaft übermittelt. Wir waren lange genug unpolitisch und dachten, das ginge uns nichts an, es würde nichts ändern, etc. Diese Zeit muss jetzt vorbei sein. Wer jetzt schweigt, macht auch Politik, ist Mitläufer. Wir können nicht nicht politisch sein. Also werdet aktiv!
3) Geschichte ist jetzt
Viele dachten, das könne nie wieder passieren. Wir hätten gelernt, die historische Aufklärung könne aufhören. Kann sie nicht. Ich hörte heute mal wieder die Geschichte, wie Wehrmachtsoldaten ein ganzes Dorf gezwungen haben, eine große Grube auszuheben. Um die Menschen dann davor zu erschießen und reinfallen zu lassen. Ein ganzes Dorf. Wir kennen die Bilder, das ist keine Lüge, es ist wirklich passiert. Der unsagbare Schrecken. Wenn ein Politiker andere „jagen“ will, sollte klar sein, dass wir mitten in unserer eigenen Geschichte stecken. Sorgen wir verdammt noch mal dafür, dass sie sich nicht wiederholt, sondern zeigen wir, dass dieser Weg nicht der richtige ist. Wir schreiben jetzt Geschichte. Wir schreiben Demokratie.
4) Hinsehen, Aufstehen, Mund aufmachen
Die AfD wurde demokratisch gewählt. Das ist ein Fakt. Sie sitzt im Bundestag. Teilweise war sie stärkste Kraft in einzelnen Wahlkreisen und sogar einem Bundesland. Da können wir nicht länger wegsehen. Sie ist real, die Gefahr von rechts, und sie hat einen Weg gefunden in unser System zu kommen. #wirschreibenDemokratie heißt nicht, das abzuerkennen, sondern dafür zu kämpfen, mit Worten und Aufklärungsarbeit, dass in vier Jahren das Ergebnis ein ganz anderes ist. Eines ohne blau-braune Sitze. Denn dass die AfD selbst antidemokratische Interessen vertritt ist eine ganz andere Sache. Wir schreiben für die Demokratie und ihre Rettung. Und jeder kann mitmachen, ob mit einem Artikel, einem Tweet, einem Kommentar. Nicht nur hier, sondern aktiv im Alltag. Wir schreiben Geschichte und Demokratie. Jede Diskriminierung, jede rassistische Äußerung, jede Unterdrückung von Minderheiten muss uns jetzt aufspringen lassen.
5) Wir haben vier Jahre
Das klingt lang, ist es aber nicht. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel und nach der Wahl ist vor der Wahl. Landtagswahlen, Gemeinde, Bürgermeister, etc. Wir werden oft wählen in dieser Zeit. Werdet nicht müde, in diesen vier Jahren lang, immer wieder kundzutun, dass eine rechte Partei nichts im Bundestag verloren hat. In diesem Moment geht es nicht mehr nur um 10 Euro mehr Kindergeld oder eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Autobahn. Es geht um Menschenrechte. Um eine klare Stellung gegen rechts. Dass die SPD in die Opposition will, finde ich gut, weil wir keine mittige GroKo brauchen, um gegen das Extrem agieren zu können. Sondern eine Gegenkraft. Momentan kann die Mitte das nicht bieten, sonst wären wir nicht in dieser Situation. Vier Jahre sind lang, vier Jahre sind kurz. In vier Jahren kann sich alles ändern. Ändern wir es gemeinsam, weg von rechts. Darum geht es jetzt!
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