Letzten Dezember wollte ich etwas tun, um meine Dissertation voranzubringen. Seit November war mein Jüngster in der KiTa, ich habe seit Dezember ein tolles Stipendium und das wollte ich dafür nutzen, wofür es gedacht ist: Meine Promotion. Also habe ich an einem Schreibseminar für Promovierende teilgenommen, dass an er Uni Mannheim von Ulrike Scheuermann geleitet wurde.
Wie ich schreibe
Das Schreibseminar fing mit relativ einfachen Übungen zum Gruppengefühl und unserer individuellen Situation an. Da ich die meiste Vorarbeit bereits erledigt habe und in meinem Thema gut auskennen, ist es vor allem das Schreiben, das ich an schubsen wollte. Eine der Aufgaben war, mir zu überlegen, wie ich denn an einen wissenschaftlichen Text herangehe. Nach einem Schreibeinstimmer war mir schnell klar, dass ich hier sehr viel Plane. Ich suche und lese viel Sekundärliteratur, ehe ich ans Schreiben überhaupt denke. Das geht dann erstaunlich schnell, in mehreren Phasen.
Plotten oder Drauflosschreiben?
Für mich war dabei interessant, wie unterschiedlich ich doch bei meinen literarischen Texten vorgehe. Hier brauche ich einen groben Rahmen und streike, wenn ich vorab zu viel Struktur habe. Meine Geschichten, meine Figuren brauchen Raum. In der Wissenschaft ist gerade dieser Raum gefährlich, da ist meine Planung wesentlich enger. Bei Ulrikes Darstellung des Schreibprozesses wird mir schnell klar, dass Strukturieren und Rohtexten bei meinen literarischen Werken Hand in Hand gehen. Die erste Struktur entsteht erst mal nur in meinem Kopf. So ist das bei meiner Dissertation auch, doch hier gehe ich nicht nur detaillierter vor, sondern halte die Struktur auch fest. Bei meinen Geschichten ist das nicht nötig. Ich kenne die Eckpunkte und wachse mit meiner Geschichte. Auch Ulrike weiß, dass der Schreibprozess von Mensch zu Mensch, von Projekt zu Projekt unterschiedlich ist und wesentlich vielschichtiger, als auf den ersten Blick angenommen.
Malen statt schreiben?
Eine sehr interessante Übung für mich, war das visualisieren meiner Idee. Zu meinem ersten Roman – einer Fantasygeschichte um ein Geschwisterpaar, die noch in meiner Datenbank vor sich hin ruht – habe ich alle Figuren gezeichnet und einzelne Kapitel mit Bildern festgehalten. Auch zu Zeitlose – Simeons Rückkehr, das am 10.03 veröffentlicht wird, habe ich ein Bild gemalt. Für meine Dissertation bisher nicht. Die Struktur, die dabei aufgekommen ist und das Einteilen meiner Arbeit fand ich persönlich sehr interessant. Diese Übung könnte ich mir gut vorstellen, auch in Zukunft dann zu nutzen, wenn mir alles grade zu viel und zu voll erscheint. Die Visualisierung ordnet und schafft Raum für neue Assoziationen.
Schreibdenken
Begeistert war ich von der Schreibdenk-Übung. Schreibdenken ist eine Methode, die flüchtigen Gedanken festzuhalten. Im Grunde spreche ich dabei schriftlich mit mir selbst und führe bestimmte Gedankengänge fort. Der Vorteil beim Schreiben ist der, dass ich mir alles im Nachhinein wieder anschauen kann und so schneller auf Verbindungen komme, als beim Nachdenken allein. Der Nachteil ist, dass es einfach etwas länger dauert. Trotzdem hat mir das assoziative Drauflosschreiben gut gefallen. So schreibe ich meine Gedichte und auch immer wieder Absätze meiner Geschichten. Für die Dissertation hat mich das Schreibdenken auf jeden Fall in die richtige Stimmung versetzt. Einfach loslegen und später Lücken suchen, verbessern, löschen, hinzufügen. Das Prinzip, das der NaNo jedes Jahr wieder aufleben lässt. Ich liebe es.
Vernetzt
Am zweiten Schreibseminar-Tag sollten wird die verschiedenen Zusammenhänge unserer Themen und Kapitel visualisieren. Auf den ersten Blick sah das bei mir sehr wirr und bunt aus. Doch im Grunde bedeutet das nur, wie meine Kapitel aufeinander aufbauen und immer wieder aufeinander Bezug nehmen. Ein wichtiger Punkt, um beispielsweise zu erkennen, ob eventuell kostbare Zeit für einen Unterpunkt verschwendet wird, der am Ende absolut unnötig ist. Beim Plotten wiederum kann ich mir diese Bezüge gerade für längere Projekte als sehr wichtig vorstellen. Als Leserin liebe ich es, wenn eine Geschichte sinnvoll aufgebaut ist und in sich stimmig. Dafür sind solche Verbindungen zwischen allen Kapiteln extrem wichtig.
Zeit?!
Das letzte und überaus wichtige Thema des Seminars war die Zeit. Manche Doktoranden brauchen 10 Jahre, um ihre Arbeit fertig zu schreiben. Andere ziehen gerade den letzten Schritt so in die Länge, dass die letzten 10 Seiten nochmal ein ganzes Jahr ausmachen. Ich habe mir einen ziemlich straffen Zeitplan gesteckt, hinter dem ich leicht herhinke, dadurch, dass der Knopf erst mit zwei und nicht schon mit eins in die KiTa kam. Mir aufzumalen, wie ich meine Zeit verteilen will, war extrem wichtig, um mir zu zeigen, welchen Raum die Dissertation wirklich in meinem Leben einnimmt und einnehmen muss. Sie ist mein Hauptprojekt. Alles andere Schreiben ist aktuell nur Hobby!
Geholfen hat mir das Schreibseminar eine Menge. Seitdem schreibe ich fleißig, komme immer wieder voran und habe mein Ziel vor Augen. Es hat eine Menge Spaß gemacht und ich habe wirklich viel für mein wissenschaftliches und literarisches Schreiben mitgenommen. Großartig!
Ulrike Scheuermann bietet nicht nur Schreibseminare an, sondern schreibt auch über das Schreiben. Zum Beispiel in der Schreibfitness-Mappe.